COVID-19 Impfstrategie

Wissenschaftler der Privatuniversität UMIT TIROL präsentieren Entscheidungsgrundlage für gezielte COVID-19 Impfstrategie

Stufenweises Vorgehen: Vorrangiges Impfen von Älteren und vulnerablen Personen verhindert am effektivsten Hospitalisierungen und Todesfälle.

Im Rahmen eines COVID-19 Symposiums an der John Hopkins University haben am Wochenende Priv.-Doz. Dr. Beate Jahn und Univ.-Prof. Dr. Uwe Siebert vom Institut für Public Health, Medical Decision Making und Health Technology Assessment der Tiroler Privatuniversität UMIT TIROL die Ergebnisse des Forschungsprojektes „Gezielte Impfstrategien für COVID-19: Eine Computersimulationsstudie zur Bewertung von Impfszenarien unter Berücksichtigung begrenzter Impfkapazitäten (TAV-COVID)“ vorgestellt und mit internationalen Wissenschaftlern diskutiert. An diesem virtuellen Symposium – Key Note Speaker war der führende Experte und Berater für Infektionskrankheiten der US-Regierung Dr. Anthony Fauci - nahmen weltweit 3000 Personen teil.

Ziel des Forschungsprojektes TAV-COVID, eine Kooperation zwischen UMIT TIROL, TU Wien und dwh GmbH, ist es eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage zu erarbeiten, welche Personengruppen mit einem COVID-Impfstoff prioritär behandelt werden sollen um den Gesamtnutzen für die Bevölkerung zu maximieren. Dies geschieht vor dem Hintergrund, dass anfangs mit einer begrenzten Impfstoffverfügbarkeit gerechnet werden muss.
Im Projekt wurden unter fachlicher Beratung durch ein ‚Standing Policy and Expert Panel‘ für Österreich in Frage kommende Impfstrategien, Zielgruppen für die Impfung und Zielkriterien für eine Impfung gesammelt. Auf Basis dieser Informationen wurden dann mit Hilfe eines in den letzten Jahren gemeinsam von TU Wien, Universität UMIT TIROL und weiteren Partnern im Rahmen des COMET Projektes DEXHELPP entwickelten, dynamischen, österreichischen Populationsmodelles verschiedene Impfszenarien simuliert und die Ergebnisse jetzt beim Symposium an der John Hopkins University vorgestellt. Die Forschungsgruppe wurde begleitend durch das Expert Panel sowie durch internationale Fachexperten beraten und es wurden gemeinsam Evidenz-Statements für die politische Entscheidungsunterstützung in Österreich abgeleitet.

Priorisierung der Älteren und vulnerablen Gruppen reduziert Hospitalisierungen und Todesfälle am stärksten

Im Rahmen des Projektes wurde eine Vielzahl von möglichen Szenarien simuliert. Dabei wurde in der ersten Stufe von einer Verfügbarkeit des Impfstoffes für zunächst 200.000 Personen ausgegangen. In einer weiteren Stufe wurde eine Impfstoffverfügbarkeit für über zwei Millionen Personen zugrunde gelegt. Die Fragestellung lautete: Welche Auswirkung hat die Impfung unterschiedlicher Zielgruppen auf verschiedene Endpunkte und welche Priorisierungsfolge in Abhängigkeit von der Impfstoffverfügbarkeit lässt sich daraus ableiten?

Die Projektleiterin Priv.-Doz. Dr. Beate Jahn fasst die Forschungsergebnisse wie folgt zusammen: „Wenn zunächst erst wenig Impfstoff zur Verfügung steht und man das Ziel verfolgt, Hospitalisierungen bzw. Todesfälle so gering wie möglich zu halten, gelingt dies am besten, wenn man beim Impfen die Personengruppe, die älter als 65 Jahre ist, priorisiert. Danach folgt die Personengruppe, die im Ansteckungsfall ein erhöhtes Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf hat. Andere Kriterien sprechen für die Priorisierung des Gesundheitspersonals. Hierzu gehören der Systemerhalt und die Schutzwürdigkeit beruflich besonders stark exponierter Personen.“

Dr. Niki Popper, Simulationsforscher und Leiter der Forschungsgruppe Simulation an der TU Wien ergänzt: „Geht man von einer Verfügbarkeit eines nicht sterilisierenden Impfstoffs für ca. 2,5 Millionen Personen aus, vermeidet das Impfen der Älteren gefolgt von vulnerablen Personen ca. ein Drittel der Hospitalisierungen und Todesfälle im Vergleich zu keiner Impfung.“ Jahn führt weiter aus: „Ein vorrangiges Impfen des Gesundheitspersonals führt in dieser Stufe zu vergleichbaren Ergebnissen. Eine sterilisierende Impfung führt zu einer effektiveren und nachhaltigeren Reduktion der Hospitalisierungen und Todesfälle von über 60 Prozent und insbesondere zu einer größeren Reduktion der Infektionen“.
Univ.-Prof. Dr. Wiedermann-Schmidt, ein Mitglied des projektbegleitenden Standing Policy and Expert Panel und Mitglied des nationalen Impfgremiums, betont die wichtige Grundlage evidenzbasierter Medizin bei der Erstellung von nationalen Impfempfehlungen: „Bei der Impfempfehlung gegen COVID-19 und allen künftigen Impfempfehlungen ist der Einsatz von Modellierungen ein nicht mehr wegzudenkender Teil der Evidenzgenerierung. Daher bin ich besonders froh über die Zusammenarbeit mit diesem Forschungsteam, und darüber, dass auch Mitglieder des nationalen Impfgremiums beratend in dieses Projekt mit eingebunden wurden.“

Für den Leiter des UMIT TIROL-Institutes für Public Health, Medical Decision Making und HTA, Univ.-Prof. Dr. Uwe Siebert, stellen die Ergebnisse des Forschungsprojektes TAV-COVID eine sehr gute Basis für nachvollziehbare evidenzbasierte Entscheidungen zur Impfstrategie dar: "Wir freuen uns, wenn die Ergebnisse unseres Forschungsprojekts einen Beitrag zur politischen Entscheidungsunterstützung für eine zielgerichtete Impfstrategie in Österreich leisten können. Ohne die Zusammenarbeit mit dem Wiener Unternehmen dwh GmbH als technischem Umsetzungspartner, unserem Policy and Expert Panel und die durch österreichische Förderungen unterstützen Vorarbeiten wäre dieses Projekt nicht in dieser Zeit möglich gewesen. Auch der Austausch mit dem wissenschaftlichen Panel an der John Hopkins University hat gezeigt, dass unser Team international wegweisende Forschung leistet“, sagt Siebert.

Weitere Informationen:
Link Video des COVID-19 Symposiums with Beate Jahns Präsentation der TAV-COVID Studie "Gezielte Impfstrategien für COVID-19" (Zeit 1:25) und Uwe Sieberts Reflexion zu den präsentierten Themen (Zeit 1:43): https://youtu.be/stuvTQLX71w
Link zum PDF Dokument Executive Summary (long abstract) of the TAV-COVID Expert Meeting, November 17, 2020: Targeted COVID-19 Vaccination Strategies: An Agent-based Modeling Evaluation Considering Limited Vaccination Capacities (TAV-COVID)

Rückfragen & Kontakt:
Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Math. oec. Dr.rer.soc.oec. Beate Jahn, Principal Investigator TAV-COVID, UMIT TIROL Department für Public Health, Versorgungsforschung und Health Technology Assessment,
Tel: +43 (0)508648-3923, e-mail: beate.jahn@umit.at

Univ.-Prof. Dr. Uwe Siebert, MPH, MSc, Co-Principal Investigator TAV-COVID, Chair, UMIT TIROL Department für Public Health, Versorgungsforschung und Health Technology Assessment
Tel: +43 (0)508648-3931, e-mail: uwe.siebert@umit.at
 
29. September 2020
Wissenschaftler der Privatuniversität UMIT TIROL erarbeiten evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage für gezielte COVID-19 Impfstrategie

Aktuell verdichten sich die Berichte, dass spätestens im Frühjahr 2021 die ersten COVID-Impfstoffe verfügbar sind. Allerdings ist schon heute klar, dass der oder die Impfstoffe, die alle Phasen der strengen Zulassungskriterien erfolgreich durchlaufen haben, zunächst ein knappes Gut sein werden. Es stellt sich daher die Frage, wer soll prioritär mit dem Impfstoff versorgt werden. Sollen es zuerst die Älteren, Personen, die zur Risikogruppe gehören, oder doch besser Ärzte oder Pflegepersonal oder gar die Kinder und Jugendlichen sein?

Im Rahmen des Forschungsprojektes „Gezielte Impfstrategien für COVID-19: Eine Computersimulationsstudie zur Bewertung von Impfszenarien unter Berücksichtigung begrenzter Impfkapazitäten (TAV-COVID)“ wollen nun Wissenschaftler des Institutes für Public Health, Versorgungsforschung und Health Technology Assessment der Tiroler Privatuniversität UMIT TIROL zusammen mit den Entscheidungsträgern eine evidenzbasierte Entscheidungsgrundlage für eine gezielte COVID-19-Impfstrategie für Österreich erarbeiten. „Ziel unseres Forschungsprojektes, das wir gemeinsam mit dem Team von Dr. Niki Popper von der TU Wien durchführen, ist es, eine evidenzbasierte wissenschaftliche Anleitung zur optimalen Auswahl gezielter Impfstrategien zu erzeugen. Die Ergebnisse sollen die Basis für nachvollziehbare Entscheidungen für die Behörden sein, um entsprechende Genehmigungen einzuleiten, öffentliche Informationskampagnen vorzubereiten und entsprechende Impfstellen vor der ersten Impfstofflieferung einzurichten“, sagte dazu der Leiter des UMIT TIROL-Institutes Univ.-Prof. Dr. Uwe Siebert.

Im Rahmen des Projektes werden in einem ersten Schritt unter fachlicher Beratung durch ein "Standing Policy and Expert Panel" für Österreich in Frage kommende Impfstrategien, Zielgruppen für die Impfung und Zielkriterien für eine Impfung gesammelt. „Auf Basis dieser Informationen und in enger Zusammenarbeit mit klinischen Fachexperten der Medizinischen Universitäten Innsbruck und Wien simulieren wir mit Hilfe des österreichischen Populationsmodelles GEPOC (Anmerkung: generic population concept), das von Dr. Niki Popper von der TU Wien auch unter Mitwirkung der Universität UMIT TIROL entwickelt wurde, verschiedene Impfszenarien. Internationale Simulationsexperten werden einen Teil der Validierung übernehmen“, erklärt Projektleiterin Univ.-Doz. Dr. Beate Jahn vom UMIT TIROL-Department für Public Health, Versorgungsforschung und HTA.

Mithilfe des Populationsmodells GEPOC können Aktionen von einzelnen Individuen simuliert werden, um Rückschlüsse auf Bevölkerungsebene ziehen zu können. Es können Kontaktnetzwerke wie Schulen, Familie oder Arbeitsumfeld für jede einzelne Region in Österreich abgebildet und gezielte Impfstrategien in Kombination mit weiteren Eindämmungsnaßnahmen entwickelt werden.
Das Forschungsprojekt „Gezielte Impfstrategien für COVID-19: Eine Computersimulationsstudie zur Bewertung von Impfszenarien unter Berücksichtigung begrenzter Impfkapazitäten (TAV-COVID)“ geht aus der SMDM COVID-19 Decision Modeling Initiative (CDMI) der Society for Medical Decision Making (SMDM) hervor. Die Initiative wurde im Jahr 2020 zur Bekämpfung der globalen Coronavirus-Pandemie ins Leben gerufen wurde. Unter weltweit 60 Bewerbern wurde das Forschungsprojekt der Universität UMIT TIROL in einem kompetitiven Wettbewerb als eines von neun Projekten ausgewählt.

„Weiterführende Analysen zu Wechselwirkungen zwischen COVID-19 und Influenza werden im FFG geförderten Projekt (COVID-19 Emergency-Call) „CIDS - Concurrent Infectious Disease Simulation“ unter der Leitung der dwh GmbH in Zusammenarbeit mit unserer UMIT Forschungsgruppe, dem DEXHELPP Netzwerkverbund und der TU Wien durchgeführt.“ erläutert Dr. Jahn.

Weitere Informationen zu diesem und assoziierten Projekten:
Webseite TAV-COVID: https://umit-tirol.at/tavcovid19
Webseite FFG-Project CIDS: https://projekte.ffg.at/projekt/3882551

Rückfragen & Kontakt:
Ass.-Prof. Priv.-Doz. Dipl.-Math. oec. Dr.rer.soc.oec. Beate Jahn, Principal Investigator TAV-COVID, UMIT TIROL Department für Public Health, Versorgungsforschung und Health Technology Assessment
Tel: +43 (0)508648-3923, e-mail: beate.jahn@umit.at

Univ.-Prof. Dr. Uwe Siebert, MPH, MSc, Co-Principal Investigator TAV-COVID, Chair, UMIT TIROL Department für Public Health, Versorgungsforschung und Health Technology Assessment
Tel: +43 (0)508648-3931, e-mail: uwe.siebert@umit.at
 

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