campus magazin 2025

27 UMIT TIROL [campus] PFLEGEWISSENSCHAFT & GESUNDHEITSMANAGEMENT Innsbruck nicht alle umsetzen“, ist sich Stummer bewusst, man müsse entscheiden, welche Maßnahmen man treffe, um z. B. die Selbstständigkeit älterer Menschen so lange wie möglich zu erhalten und somit den Pflegebedarf zu reduzieren. Kurzfristige Maßnahmen könnten Kurse zur Sturzprävention speziell für über 70-Jährige sein, etwa Salsa-Tanzen, oder, so Stummer, „intelligent gemachtes Social Prescribing“. Dieser aus Großbritannien stammende Interventionsansatz verschreibt gesellschaftliche Aktivitäten sozusagen auf Rezept, etwa Museumsbesuche oder Waldspaziergänge mit Betreuer*innen und anderen Betroffenen. In Anbetracht der Tatsache, dass 2023 rund 40 Prozent der über 65-Jährigen in Innsbuck in Singlehaushalten lebten – Tendenz steigend – wäre das, so Müller, „eine sinnvolle Maßnahme gegen Einsamkeit und Depression, sogar zur Demenzreduktion.“ Es gibt aber auch langfristige Maßnahmen, z. B. Diabetes-Prävention. „Abseits des menschlichen Leids wirkt sie sich in zehn, 15 Jahren im Krankenhaus, in 20 Jahren in der Pflege aus, da Menschen mit schlecht eingestellter Diabetes Typ II extrem pflegebedürftig sind“, weiß Stummer. Ähnlich langfristig seien auch Maßnahmen im Bereich Personal. „Wir müssen schauen, dass wir Menschen, die wir für Pflegeberufe rekrutieren und ausbilden, auch halten. Ein besseres Gehalt ist dabei nicht das einzige Kriterium: Leistbares Wohnen, Kinderbetreuung, Weiterbildungsmöglichkeiten oder Gesundheitsförderung für Pflegepersonal“, nennt Müller einige Ansätze. Vorschläge und Ideen gebe es viele, sagt Müller, etwa Mobile Pflege nach dem niederländischen Buurtzorg-Modell, Mehr-Generationen-Wohnen oder studentische Wohnbuddys, bei der Umsetzung gelte es viele Faktoren – u. a. auch rechtliche – zu beachten. Innsbruck, ja Tirol, ist der Pflegewissenschaftler überzeugt, habe gute Voraussetzungen, lange gesundes Altern zu ermöglichen: „Das System ist gut, das Angebot groß, die Menschen bewegen sich mehr als anderswo in Österreich. Warum also nicht eine Blaue Zone in einem Teil Innsbrucks, in einer Region Tirols.“ Blue Zones nennt man in der Sozialwissenschaft Regionen der Welt, in denen die Menschen länger und gesünder leben als der Durchschnitt. Das japanische Okinawa, Sardinien, die Halbinsel Nicoya in Costa Rica und die griechische Insel Ikaria sind die vier Blue Zones der Welt. Innsbruck als fünfte? Die Strategie dazu hätte man mal schon. Unser Konzept für die Innsbrucker Pflegestrategie 2033 hatte das Spezifikum, dass wir aus zwei unterschiedlichen Blickwinkeln, jenem der Pflegewissenschaft und jenem von Management und Ökonomie im Gesundheitswesen, auf die gleiche Fragestellung schauen. Harald Stummer „ Wir müssen schauen, dass wir die Menschen, die wir für Pflegeberufe rekrutieren und ausbilden, auch halten. Ein besseres Gehalt ist ein Kriterium, aber nicht das einzige. Es geht um leistbares Wohnen und Kinderversorgung, um Weiterbildungsmöglichkeiten und auch um Gesundheitsprävention für das Pflegepersonal. Gerhard Müller „

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