25 UMIT TIROL [campus] oder ins Schwimmbad wollen.“ Unterstützt bei ihrem Vorhaben werden Happ und Scholl-Grissemann von der Universität Innsbruck, mehreren Tourismusverbänden (TVBs) aus dem Tiroler Oberland und – über die Förderschiene Leuchtturmprojekte im Bereich Digitalisierung – vom Land Tirol. Aktuell kommen rund 80 Prozent aller Gäste mit dem privaten PKW nach Tirol und nutzen diesen auch vor Ort. Doch zeigen Trends, dass sich eine Änderung abzeichnen könnte: Immer mehr Menschen aus dem urbanen Bereich besitzen keinen eigenen PKW und nutzen in ihrem Alltag Öffis, Fahrrad, Car Sharing etc.; Ähnliches gilt für die Generation Z, also die zwischen 1997 und 2007 Geborenen, als zukünftige Gästeschicht; Auch die stark ansteigende Altersgruppe der über 65-Jährigen weist eine höhere Bereitschaft auf, öffentliche Verkehrsmittel zu nutzen. Zudem ergab eine Zielgruppenanalyse der Österreich Werbung, dass die für den Tiroler Tourismus sehr relevante Gästeschicht mit Interesse an Natur, Genuss und Sport über überdurchschnittlich hohe digitale Kompetenz und Nachhaltigkeitsorientierung verfügt sowie ein großes Interesse an aktiver Mobilität im Urlaub hat. Ideale Voraussetzung also für einen Paradigmenwechsel in der Vor-Ort-Mobilität inklusive der Digitalisierung entsprechender Angebote – und zwar als Bestandteil der gesamten Customer Journey, von der Vorbereitung über den Aufenthalt bis hin zur Reflexion. „In einem ersten Schritt haben wir uns auf den Aufenthalt konzentriert, um mehr über Bedürfnisse und Verhalten der Gäste zu erfahren, wie sie z. B. zur Talstation gekommen sind und warum“, erzählt Elisabeth Happ. Befragt wurde direkt vor Ort – in der Gondel. „Vor der Talstation haben wir Menschen angesprochen, ob wir während der Fahrt ein kurzes Interview führen können“, berichtet Ursula Scholl-Grissemann. Das Feedback war mehr als positiv, Elisabeth Happ kann sich bei ihren Anfragen an eine einzige ablehnende Antwort erinnern. 183 solcher fünf- bis zehnminütigen Gondelgespräche wurden bis Juni 2024 mit 333 Gesprächspartner*innen geführt, die daraus gewonnenen Erkenntnisse sind teilweise mehr (Websites der TVBs und die Hotelrezeption sind immer noch wichtige digitale bzw. analoge Informationsquellen) und teilweise weniger überraschend (Skiausrüstung ist im Auto leichter zu transportieren). Allein daraus, so die zwei Forscherinnen, könne man schon Vorschläge erarbeiten. Beispielsweise, dass auf Websites und an der Rezeption Angebote der Vor-Ort-Mobilität gut ersichtlich und aktiv angeboten werden oder dass mit der Hotelbuchung auch ein Platz im Skidepot bei der Bergbahn mitgebucht werden kann. „Wir konnten auch feststellen, dass Apps, die man destinationsspezifisch herunterladen muss, nicht beliebt sind“, nennt Elisabeth Happ eine weitere Erkenntnis aus den Gesprächen. Ebenso zeigte sich, dass die saisonalen Unterschiede in der Vor-Ort-Mobilität eine große Rolle spielen – einerseits ist das Angebot z. B. mit Skibussen im gästereichen Winter umfangreicher, andererseits sind die sommerlichen Wanderbusse komfortabler (weniger Ausrüstung, weniger ausgelastet). Erste Ergebnisse der Gondelgespräche wurden schon auf der Tiroler Seilbahntagung präsentiert, die Branche, so die zwei Forscherinnen, seien an dem Projekt genauso interessiert wie die TVBs. „In einem zweiten Schritt wollen wir die gewonnenen Erkenntnisse in Kommunikationsbotschaften umwandeln und diese testen“, sagt Scholl-Grissemann. Das UMIT TIROL-Team erstellt dafür unterschiedliche Websites, auf denen ein Buchungsvorgang simuliert werden kann. Mit unterschiedlichen Claims wird darauf auf alternative Mobilitätslösungen vor Ort hingewiesen, etwa der Hinweis, dass sich viele Gäste E-Bikes ausleihen, um zur Gondelbahn, zum Badesee oder zum nächsten Gasthaus zu kommen – inklusive Verlinkung zum E-Bike-Verleih. In Laborversuchen wird untersucht, auf welche Claims die Testpersonen ansprechen und auf welche nicht, geplant ist auch – in Zusammenarbeit mit Mediasquad, einer auf Virtual und Augmented Reality spezialisierte Agentur – ein Test im virtuellen Raum. In einem dritten Schritt, so der Plan, soll das gewonnene Wissen mit den touristischen Partnern in der Realität erprobt werden. „Erste Ergebnisse bestätigen uns und bisherige Forschungen, dass der educational approach nicht funktioniert. Die Menschen wollen im Urlaub keine Aufforderung mit erhobenem Zeigefinger, doch etwas Gutes für die Umwelt zu tun“, berichtet Scholl-Grissemann. Und Happ ergänzt: „In diesem Setting muss die customer experience sehr positiv sein. Da die Menschen im Urlaub nicht auf etwas verzichten wollen, müssen sie einen Vorteil darin sehen, auf alternative Mobilitätslösungen zuzugreifen. Etwa dass man die Natur genießen kann, wenn man mit dem Rad zum Badesee fährt und man dort auch keinen Parkplatz suchen muss.“ Diese aktive Mobilität – mit dem Rad oder zu Fuß – steht im besonderen Fokus des Projekts. „Tirol ist Sportland, das ist der Hauptbestandteil des touristischen Produkts. Die Gäste kommen, um Sport zu betreiben, um sich zu bewegen, um unsere Sport- und Freizeiteinrichtungen zu nutzen. Warum sollte die letzte Meile dorthin mit dem Auto gefahren werden“, sagt Happ. SPORTTOURISMUS Erste Ergebnisse bestätigen uns und bisherige Forschungen, dass der educational approach nicht funktioniert. Die Menschen wollen im Urlaub keine Aufforderung mit erhobenem Zeigefinger, doch etwas Gutes für die Umwelt zu tun. Ursula Scholl-Grissemann „
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