campus magazin 2025

23 UMIT TIROL [campus] SPORT-, ALPINMEDIZIN UND GESUNDHEITSTOURISMUS wir bei den Athlet*innen genießen, können wir auch Forschungsprojekte mit ihnen umsetzen“, beschreibt Schobersberger die Synergieeffekte, die seit Frühjahr 2025 noch besser genutzt werden können: Das „Klinik-ISAG“ ist von Natters nach Hall übersiedelt, nur fünf Gehminuten vom ISAG an der UMIT TIROL entfernt. Das von Schobersberger angesprochene Vertrauen ebnete den Weg, um mit österreichischen Biathlet*innen und Skibergsteiger*innen sowie finnischen Langläufer*innen Feldstudien unter extremen Wetterbedingungen durchzuführen. „Früher war das nicht so leicht möglich“, nennt Dünnwald einen Grund, warum der Komplex Kälte und Sport eher stiefmütterlich behandelt wurde. Für seine Forschungen stehen dem ISAG-Mitarbeiter in der Zwischenzeit aber technische Innovationen zur Verfügung, etwa Temperaturpillen. Dabei handelt es sich um kleine elektronische Messkapseln, die von den Athleten*innen vor dem Training bzw. Wettkampf eingenommen werden, drahtlos kontinuierlich die Körperkerntemperatur messen, diese aufzeichnen und dann wieder ausgeschieden werden. In Finnland kamen sie bei Langlauf-Wettkämpfen (Männer und Frauen, zehn und 20 Kilometer) zum Einsatz, in Österreich wurden Skibergsteiger*innen des österreichischen Nationalteams auf 2.600 Meter Höhe untersucht. „Bei den Langläufer*innen zeigt sich unter Rennbedingungen, dass bei Außentemperaturen von rund minus 15 bis 0 °C die Körperkerntemperatur relativ konstant bei bis zu 39 °C bleibt“, berichtet Dünnwald. Gemessen wurde mit Sensoren aber auch die Hauttemperatur. „Am massiv belasteten Oberschenkel fällt sie massiv ab“, nennt Dünnwald ein weiteres Ergebnis. Der Körper, so Schobersberger reagiert also physiologisch richtig: „Ist es kalt, hält der Körper den Kern warm, die Schale kühlt ab. Die Gefahr, dass es bei 20-Kilometer-Bewerben zur Unterkühlung kommt, besteht daher nicht.“ Größere Schwankungen zeigten sich bei den Skibergsteiger*innen, allerdings waren die Bedingungen auch unterschiedlicher. Dünnwald: „Wir sehen etwa, dass die Körperkerntemperatur bei niedrigen Temperaturen und starkem Wind auf 36,5 °C sinken kann – und das bei sehr intensiven Intensitäten.“ Mit diesen Arbeiten, betonen die zwei Wissenschaftler, hätten sie nun erste Grundlagen gelegt, auf die weitere Forschungen aufbauen können, beispielsweise ob es eine Korrelation zwischen Leistung, Körperkern- und Hauttemperatur gibt, ob ein Zusammenhang zwischen Thermoregulation und Verletzungsrisiko besteht oder ob sich Möglichkeiten der Trainingsoptimierung eröffnen. Schobersberger ist überzeugt, dass Ergebnisse in die Wettkampfvorbereitung einfließen werden, dass man mittels „Kälteadaption“ bei tiefen Temperaturen die optimale Leistung bringen kann: „Höhe- und Hitzeadaption ist ja schon Praxis“, weiß der Sportmediziner. Bewegen sich die Arbeiten von Schobersberger und Dünnwald in Bezug auf Kälte noch im Bereich der Grundlagenforschung, sind sie bei Sport und extremer Hitze schon einige Schritte weiter, sprich in der Anwendung bzw. Sekundärprävention. Für die World Mountain and Trail Championsships (WMTRC), die 2023 in der Region Innsbruck/Stubai stattfanden, wurde das ISAG-Team um Schobersberger mit der Erstellung des medizinischen (Notfall-)Konzepts beauftragt. Im Zielbereich wurden unter anderem Eisbäder zur Sofortbehandlung von möglichen Hitzeschäden vorbereitet, der Einsatz wurde, da bislang unüblich, trainiert – was sich als gute Entscheidung erwies. Die Außentemperaturen stiegen an einigen Wettkampftagen auf bis zu 30 °C, bei einem Athleten wurde mit Hilfe einer Temperaturpille eine Körperkerntemperatur von 41,2 °C aufgezeichnet. „Während mehrere Athlet*innen unter klassischen Symptomen der ‚Hitzekrankheit‘ litten, hatten wir sogar drei Athlet*innen, die in einem lebensbedrohlichen Zustand ins Ziel kamen und die wir im Eisbad notbehandeln mussten. Der Zeitverzug durch einen Transport in das nächstgelegene Krankenhaus hätte katastrophale Folgen haben können“, berichtet Schobersberger, der diese Erfahrungen als Empfehlung an Veranstalter von Sportgroßevents unter speziellen klimatischen Bedingungen weiterleiten möchte. „Wenn wir solche Veranstaltungen durchführen möchten, müssen wir auch für die Sicherheit der Teilnehmerinnen und Teilnehmer sorgen. Und da geht es nicht nur um die zehn Besten der Welt, sondern um tausende Hobbysportlerinnen und -sportler.“ Tobias Dünnwald und Wolfgang Schobersberger (v. li.) in den neuen Räumlichkeiten des Instituts für Sport-, Alpinmedizin und Gesundheitstourismus (ISAG) am Areal des Landeskrankenhauses Hall, nur fünf Gehminuten vom ISAG an der Privatuniversität UMIT TIROL entfernt. „

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